Aus der Tiefe des Herzens

Eine bewegende Rede von Halena Simon zum Jahrestag des russischen Angriffs an die Ukraine bei einem FRIEDENSGEBET in der Elisabethenkirche am 24. Februar 2024

Liebe Anwesende

Vor 24 Jahren kam ich als junge Musikstudentin nach Basel. Die Hälfte meines Lebens, lebe und arbeite ich hier, fühle mich zu Hause im Land, welches meine zweite Heimat wurde.

Am Donnerstag, 24. Februar vor zwei Jahren änderte sich mein Leben. Genauso wie das Leben der ganzen ukrainischen Bevölkerung. Und jeder neue Tag seit zwei Jahre beginnt für mich gleich. Kaum aufgewacht, schaue ich ob es in der Nacht einen Luftangriff gab, in der Hoffnung, dass niemand für den Wahnsinn mit seinem Leben zahlen musste. Ich schreibe meine Verwandtschaft und Freunde an und frage: bist du ok? Was in Wirklichkeit bedeutet: bist du am Leben? Ich versuche nicht an die Menschen direkt an der Front zu denken, denn das zerreisst mir das Herz und ich kann sonst meinen Arbeitstag nicht meistern.

Wie oft hat man versucht uns zu vernichten? Übernahmen, Zwangsumsiedlungen, Hunger, Annexionen, so genannte «Befreiungen», allein die ukrainische Sprache wurde in 150 Jahren 134-mal verboten. Meine Urgrosseltern wurden dank einer solchen «Befreiung» ihres Eigentums beraubt und für 10 Jahre nach Sibirien verbannt…Und heute vermisse ich 3 meiner Cousins, die im russischen «Befreiungskrieg» gefallen sind. Russland «befreit» uns von Ruhe, Sicherheit, einem Zuhause, Freunden und Verwandten, von allem was uns lieb ist, vom Leben. Am besten wäre es, wenn sie uns von sich selbst befreien würden. Für immer!

Die Arroganz, Gewalt, der Grössenwahn und das ständige Lügen sind in den letzten 22 Jahren mithilfe von Bequemlichkeit und Angst zu einem Monstrum herangewachsen, welches nicht mehr zu bändigen scheint. Es tötet und vernichtet alles, bedroht und überfällt Länder, missachtet internationale Abkommen, und nimmt alles in Kauf, sogar den Untergang des eigenen Landes um sein so genanntes «Gesicht» nicht zu verlieren.

Die Hilfsbereitschaft der Welt und der Schweizer Bevölkerung ist gross und viele Länder und Menschen haben ihre Häuser und Herzen für die Hilfesuchenden geöffnet... Die Zeit vergeht, die Eindrücke verblassen und einige meiner Bekannten haben aufgehört sich zu informieren, Nachrichten zu schauen, um einer Konfrontation im Angesicht des Bösen zu entfliehen. Es ist ja auch kaum zu ertragen… Ja, es tut weh.

Und dennoch… Heute sind wir alle hier, gemeinsam. Und ich möchte Danke sagen für den Zusammenhalt, die Hilfsbereitschaft, Solidarität, Unterstützung, Hoffnung, und Freundschaft…

Heute, anschliessend an den Gottesdienst, werden meine Freunde und ich hier in der Kirche im Rahmen eines Benefizkonzerts wieder ein neues Licht für die Ukraine entzünden. Unermüdlich! Es soll für den Frieden leuchten, für das Leben… Ein Leuchten für die Freundschaft, den Frieden und die Liebe… Das Leuchten soll so stark werden, dass auch andere damit entzündet werden...

Halena Simon 24 Februar 2024